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„Es fing ganz harmlos mit einem leichten Kribbeln an den Füßen an“, erinnert sich Ursula Quandt. Sie hielt es zunächst für eine unangenehme Begleiterscheinung ihrer Zuckerkrank- heit. Als sich jedoch eine offene Wunde am Fuß bildete, die trotz Behandlung nicht heilte, überwies ihr Arzt die 64-Jährige an das Marienhospital Stuttgart. „Es war erschreckend zu sehen, wie schnell sich die Infektion ausbreitete, obwohl es anfänglich nur eine winzige Verletzung war“, berichtet Ursula Quandt rückblickend. Im Schwerpunkt Diabetologie und Endokrinologie der Klinik für Innere Medizin 1 am Marienhospital Stuttgart wurde schließlich das Diabetische Fußsyndrom diagnostiziert. »Es war erschreckend zu sehen, wie schnell sich die Infektion aus- breitete, obwohl ich nur eine winzige Verletzung hatte.« Patientin Ursula Quandt Folgeerkrankung mit hohem Risiko Der Diabetische Fuß ist eine ernsthafte Komplikation, die bei Menschen mit Diabetes mellitus auftreten kann. Es handelt sich oft um eine Kombination aus Nervenschäden (Neuro- pathie) und Durchblutungsstörungen, die zu Wunden und schweren Infektionen an den Füßen führen können. Im schlimmsten Fall sind Amputationen notwendig. Laut der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) sind etwa 15 bis 25 Prozent der Menschen mit Diabetes von dieser Erkrankung betroffen – Tendenz steigend, was auf die zunehmende Patientenzahl weltweit zurückzuführen ist. Durch dauerhaft erhöhte Blutzuckerwerte bei den Patienten werden Nerven und Blutgefäße geschädigt, was zu einer Ver- schlechterung der Durchblutung führt. Insbesondere an den Füßen bewirkt die Beeinträchtigung der Nerven, dass Schmerz- und Druckempfinden stark reduziert sind. Diese sogenannte diabetische Neuropathie lässt Füße und Zehen nach und nach gefühllos werden. Betroffene nehmen Reize wie Schmerz, Druck und Temperatur kaum noch oder zu spät wahr. Dies führt, wie im Fall von Ursula Quandt, häufig zur Entstehung chronischer Wunden. Selbst kleine, oberflächliche Verletzungen oder Blasen heilen schlecht ab. Das Risiko schwerer Infektionen steigt. Solche zunächst harmlos wirken- den Verletzungen können sich schnell zu tiefen Wunden oder Geschwüren entwickeln – mit teils schwerwiegenden Folgen bis hin zu Amputationen. Durch Expertise das Schlimmste verhindern „Frau Quandt kam in einem kritischen Zustand zu uns. Die Wunde war stark entzündet, und es bestand ein hohes Risiko, dass wir den Fuß hätten amputieren müssen“, erklärt Hui Jing Qiu, Leiterin des Gefäßzentrums und des Schwerpunkts Angio- logie. Qiu ist Fachärztin für Innere Medizin und Angiologie mit der Zusatzqualifikation Diabetologie. Sie betont: „Das Wich- tigste ist, dass wir frühzeitig eingreifen und die Wundheilung konsequent überwachen. Nur so können wir das Schlimmste verhindern und eine Amputation vermeiden.“ Laut DDG ist die häufigste Ursache für eine Zehen-, Fuß- oder sogar eine Unterschenkel- bzw. Oberschenkelamputation das Diabetische Fußsyndrom. „Viele Amputationen aufgrund eines fortgeschrittenen Diabetischen Fußsyndroms ließen sich durch den Einsatz multidisziplinärer Therapiekonzepte ver- meiden“, erklärt Dr. Philipp Schädle, Facharzt für Innere Medi- zin, der mit seiner Kollegin Qiu die Patienten in der stationären Fußbehandlungseinrichtung betreut. Multidisziplinäre Therapie In der zertifizierten stationären Fußbehandlungseinrichtung am Marienhospital erhalten die Patienten einen umfassenden Behandlungsplan. Diabetologen sowie Angiologen, Radio- logen und Gefäßchirurgen als Partner des interdisziplinären Gefäßzentrums und Wundexperten arbeiten eng zusammen, bieten moderne Diagnostik und Therapien sowie eine umfassende Wundversorgung, Maßnahmen zur Druckent- lastung und eine spezielle Diabetestherapie. Der interdisziplinäre Ansatz bei der Behandlung des Diabetischen Fußsyndroms beinhaltet in erster Linie • die Blutzuckerkontrolle, da eine gute Blutzuckereinstellung entscheidend ist, um das Fortschreiten der Diabetes- erkrankung zu verhindern • die Wundversorgung und Infektbehandlung: Offene Wunden müssen professionell gereinigt und versorgt werden, um Infektionen zu vermeiden; falls notwendig erfolgt eine antibiotische Therapie • gefäßchirurgische Eingriffe, um Bypässe anzulegen oder abgestorbenes Gewebe zu entfernen • interventionell-radiologische Eingriffe, um durch Ballon- dilatation oder Einsetzen von Stents die Durchblutungs- störung zu verbessern • Druckentlastung durch angepasstes Schuhwerk vom Orthopädie-Schuhtechniker »Das Wichtigste ist, dass wir frühzeitig eingreifen und die Wund- heilung konsequent überwachen.« Hui Jing Qiu, Oberärztin 17 marien 01 | 2025 MEDIZIN

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