Die Fragen reichten von „Wie kann ich Krebs vorbeugen?“ bis zu „Was bringen die ganz neuen Behandlungsmethoden im Vergleich zu den bewährten konventionellen?“
Wegen Corona verwende ich zu Hause vorsichtshalber Handdesinfektionsmittel. Aber ist das auf Dauer nicht schädlich oder sogar krebserregend?
Prof. Denzlinger: Die in Deutschland in Apotheken und Drogerien erhältlichen Desinfektionsmittel basieren fast alle auf Alkohol. Alkohol kann zwar Krebs erzeugen, wenn man zu viel davon trinkt, jedoch nicht bei Hautkontakt. Bei einigen Mitteln kann die Haut höchstens austrocknen. Gegen Corona reicht auch gründliches häufiges Händewaschen. Händedesinfektion ist im Krankenhaus wichtig, im privaten Bereich aber als Corona-Vorbeugung eher nicht.
In meiner Familie ist Krebs relativ häufig. Bringt Sport etwas zur Vorbeugung?
Prof. Denzlinger: Ja, das ist durch Studien für verschiedene Krebsarten klar belegt. Dazu gehören auch so häufige Krebsarten wie Darm- und Brustkrebs und wahrscheinlich auch Prostatakrebs. Suchen Sie sich einfach eine Bewegungs- oder Sportart, die Ihnen Spaß macht. Optimal ist es, mindestens dreimal pro Woche etwa 45 Minuten zu trainieren. Nur herumzusitzen und -zuliegen ist dagegen negativ, auch für Herz und Kreislauf. Rauchen und Übergewicht erhöhen das Krebsrisiko ebenso deutlich.
Ich hatte in den letzten Monaten öfter Blut im Urin. Mein Hausarzt sagt, ich solle das im Krankenhaus abklären lassen. Aber ich habe Angst, dass ich mich dort mit Corona infizieren könnte.
Prof. Denzlinger: Es ist ein großes Problem, dass in der Corona-Krise viele Menschen so denken und daher Krebserkrankungen, Herzinfarkte, Schlaganfälle etc. zu lange unentdeckt und unbehandelt bleiben. Manches ist dann nicht mehr heilbar, wenn man zu spät mit der Behandlung startet. Es gibt einige Hinweise, dass im Moment mehr Menschen aus Angst vor Corona sterben als an Corona. Das Risiko, sich als Patient im Krankenhaus mit Corona zu infizieren, ist geringer als in einem Kaufhaus oder Supermarkt. Denn im Krankenhaus werden die Corona-Kranken auf abgetrennten Stationen behandelt, die sie nicht verlassen. In der Öffentlichkeit hingegen treffen wir leicht auf unentdeckt Corona-Infizierte, die den Keim weitergeben können. Das Blut in Ihrem Urin kann eine relativ harmlose Ursache haben, es kann aber auch eine Krebserkrankung dahinterstecken. Gehen Sie unbedingt in eine Klinik und lassen Sie das abklären, wenn Ihr Hausarzt Ihnen dazu rät.
Ich hatte Darmkrebs. Ist es gut, Misteltee zu trinken oder Mistelmedikamente zu nehmen, damit er nicht wiederkommt?
Prof. Denzlinger: Mistel hat eine anregende Wirkung. Misteltee kann hilfreich sein, wenn ein Patient unter Fatigue leidet. Das ist eine sehr belastende Erschöpfung infolge von Krebs oder anderen chronischen Erkrankungen. Verschieden dosierte Mistelpräparate werden darüber hinaus in der Komplementär- bzw. Alternativmedizin verwendet, um das Immunsystem zu stärken und so Krebs zu heilen. Die Studien dazu, ob Misteln wirklich gegen Krebs helfen können, sind aber widersprüchlich. Bei einigen Krebsarten steht Mistel sogar im Verdacht, den Krankheitsverlauf negativ zu beeinflussen. Bevor Sie Mistelpräparate einnehmen, sollten Sie das mit Ihrem behandelnden Arzt besprechen. Misteltee dürfte wegen der relativ niedrigen Dosis des Mittels aber unbedenklich sein, wenn Sie ihn nicht literweise trinken.
Mein Lungenkrebs ist wieder zurückgekehrt. Mein Arzt sagte, ich könne mit einer Chemotherapie behandelt werden, er riet mir aber eher zu dem erst vor wenigen Jahren entwickelten Pembrolizumab. Wie sehen Sie das?
Prof. Denzlinger: Pembrolizumab ist seit 2016 in Deutschland für die Behandlung bestimmter Lungentumoren zugelassen. Es ist unter dem Handelsnamen Keytruda bekannt. Pembrolizumab ist einer der modernen Checkpoint-Inhibitoren, von denen man in letzter Zeit viel gelesen hat. Es verhindert, dass der Krebs das Immunsystem des Patienten so blockiert, dass es gegen Krebszellen nichts mehr ausrichten kann. Das Medikament stärkt die eigene Immunabwehr so, dass der Körper selbst in der Lage ist, den Krebs zu bekämpfen. In Vergleichsstudien hat Pembrolizumab gegenüber einer konventionellen Chemotherapie eine ganze Reihe von Vorteilen. Diese sind häufig nur klein, bringen aber in der Summe doch viel für den Kranken: Die durchschnittliche Lebenserwartung der Patienten steigt, und es treten weniger Nebenwirkungen auf wie Blutbildveränderungen, Haarausfall, wunder Mund etc. Wenn die Immunabwehr durch das Mittel zu stark angeregt wird, kann es zwar zu Entzündungen kommen. Insgesamt überwiegen bei Pembrolizumab aber in aller Regel die Vorteile.
Mein Mann hat Darmkrebs. Er muss alle zwei Wochen für drei Tage ins Krankenhaus, bekommt dort Chemotherapie und Kortison. Danach ist er zwei bis drei Tage total erschöpft und schläft fast nur.
Prof. Denzlinger: Es ist gerade während der Chemotherapie wichtig, nicht nur zu ruhen, sondern die körperliche Fitness zu erhalten mit Spaziergängen etwa oder Walking. Zudem sollte man Dinge unternehmen, die einen interessieren, damit man sich nicht nur auf die Krankheit konzentriert. Zunächst muss der behandelnde Arzt natürlich schauen, ob die Erschöpfung Ursachen hat, die indirekt mit der Krebstherapie zu tun haben können; etwa Blutarmut oder niedriger Blutdruck. Wenn so etwas ausgeschlossen wurde, fragen Sie den Arzt, ob Ihr Mann das Kortison nach der Chemotherapie nicht noch einige Tage lang in kleiner Dosis weiternehmen kann. Das hilft sehr oft gegen die Erschöpfung.