In Deutschland müssen etwa 80.000 Menschen zur Dialyse. Das heißt, ihre Nieren arbeiten nicht mehr ausreichend, deswegen muss ihr Blut regelmäßig über ein Dialysegerät gereinigt werden. „Jeder, der unter einer chronisch fortgeschrittenen Nierenerkrankung leidet und sich für eine Hämodialyse entscheidet, braucht früher oder später einen Shunt“, sagt der Nierenspezialist Dr. Sebastian Maus. Der Mediziner leitet seit April 2022 den neu eingerichteten Schwerpunkt Nephrologie im Marienhospital.
Vene und Schlagader werden miteinander verbunden
Shunt, das ist ganz allgemein eine angelegte Verbindung zwischen getrennten Hohlorganen, hier konkret meist zwischen einer Vene und einer Schlagader am Unterarm. Um einen guten Blutaustausch zu gewähren, wird „im Idealfall das Ende der Vene seitlich auf die Arterie gesetzt“, erklärt Dr. Sebastian Maus. Wenn man keinen direkt verbindbaren Weg sieht, zum Beispiel aufgrund schlechter Gefäßverhältnisse, kommen künstliche Gefäßprothesen zum Einsatz. Bei der Dialyse wird dann eine kräftige Nadel in die geweitete Vene gesetzt und das im Dialysegerät gereinigte Blut zum Herzen zurückgeführt. „Je höher der Blutfluss, desto besser die Blutreinigung. Und für 300 Milliliter pro Minute braucht man schon einen anständigen Shunt“, so Dr. Maus.
Bereits vor Jahren wurde ein Shuntzentrum etabliert
Das Marienhospital hat schon lange einen gefäßmedizinischen Schwerpunkt und einen ebenso guten Ruf für sehr gute Dialysezugänge. „Die niedergelassenen Nephrologen profitieren davon, weil sie wissen: Da wird mein Patient optimal versorgt“, sagt Dr. Sebastian Maus. Patienten werden aus dem Umkreis von über 50 Kilometern ins Haus geschickt, um sich einen Shunt legen zu lassen. „Wir haben es uns bislang nur nicht Schwarz auf Weiß bestätigen lassen, dass wir’s können“, räumt Dr. Maus ein. Aber das wird sich bald ändern, denn wenn alle relevanten Zahlen zusammen sind, dürfte im April 2023 die Zertifizierung als „Interdisziplinäres Shunt-Referenzzentrum“ da sein. Davon gibt es nur fünf in Deutschland, „und nur zwei weitere Einrichtungen machen mehr Shunt-Eingriffe als wir“.
Gute interdisziplinäre Zusammenarbeit ist Voraussetzung
Dafür braucht es nicht nur gute Nephrologen, zu denen noch Dr. Friederike Pfisterer und Dr. Michael Tritsch gehören, sondern auch eine gute Zusammenarbeit mit Radiologen und Gefäßchirurgen. Zehn Ärzte tauschen sich im interdisziplinären Team aus. „Jeder hat ein Stück weit einen anderen Blick auf den Patienten. Der Radiologe erkennt die Probleme bei den Gefäßen, der Chirurg sieht das, was er operieren muss – und wir als Internisten haben mehr das Ganzheitliche beim Patienten mit all seinen eventuellen Nebenerkrankungen im Blick“, erklärt Dr. Maus die Aufgabenteilung.
Für eine primäre Shuntanlage braucht man viel Übung. Aber da die Gefäßchirurgen im Marienhospital 250 bis 300 Eingriffe bei Dialysepatienten im Jahr machen, ist die Erfahrung sehr groß. Meistens geht es um Shunt-Neuanlagen und Katheter. Der Eingriff kann mit lokaler Betäubung in einer dreiviertel Stunde erledigt sein. In komplizierten Fällen vermag er aber auch acht Stunden dauern. Denn es ist so: „Je länger der Patient auf eine Dialyse angewiesen ist und je schwieriger die Gefäßverhältnisse sind, desto mehr muss man mit dem Shunt an eine andere Stelle ausweichen“, sagt Dr. Maus. Und: Dass so eine Verbindung ein Dialyseleben lang hält, ist eher die Ausnahme. Nicht selten kommt es zu Verschlüssen und Entzündungen. Aber bis zu zwanzig Jahre kann ein gut angelegter Shunt schon funktionieren.
Routiniertes Durchführen von Dialysen
Dialysen werden im Marienhospital jährlich bis zu 1700 durchgeführt. Dafür stehen sechs Geräte im Dreischichtbetrieb zur Verfügung. Eine Blutwäsche bedeutet dreimal die Woche je vier Stunden für die Patienten. Diese sind im Schnitt zwischen 65 und 85 Jahre alt. Die gute Nachricht: „Junge Patienten gibt es inzwischen glücklicherweise kaum noch, weil die Medizin zum Beispiel bei der Einstellung von Diabetes und Bluthochdruck so weit fortgeschritten ist“, weiß Dr. Maus.