„Wir beide sind komplett verschieden“, sagt Claudia Graf. Dem stimmt Bettina Lammers postwendend zu. „Bettina ist pragmatisch und rational. Sie hat einen phänomenal unbestechlich klaren Blick für Zahlen und Fakten. Ich dagegen bin sehr emotional, habe ein gutes Gespür für Stimmungen, erkenne schnell das Zusammenspiel von Prozessen und kann diese gut steuern. Das sind völlig unterschiedliche Qualitäten, die sich in unserer Arbeit aber wunderbar ergänzen “, betont sie.
Doppelspitze auf Innovationskurs
Seit diesem Frühjahr leiten die beiden Nordrhein-Westfälinnen die Vinzenz von Paul Kliniken gGmbH, zu der neben dem Marienhospital Stuttgart die Vinzenz Klinik und die Vinzenz Therme in Bad Ditzenbach, die Luise von Marillac Klinik in Bad Überkingen sowie das Medizinische Versorgungszentrum (MVZ) am Marienhospital gehören. Gleich zu Beginn brachte die weibliche Doppelspitze viel frischen Wind in die Häuser, führte etliche Umstrukturierungen ein und setzte sie tatkräftig um.
Bereits vor ihrem offiziellen Antritt im April hatten Claudia Graf und Bettina Lammers für das Marienhospital wegweisende Neuerungen angestoßen, die in ihrer konsequenten Umsetzung das Krankenhaus auf einen innovativen Kurs bringen sollten. „Es ist toll zu sehen, mit wie viel Engagement und Freude die Mitarbeitenden die Neuorientierung hier von Anfang an mitgetragen haben“, freut sich Claudia Graf und verweist etwa auf die Eröffnung der
Klinik für Geriatrie Anfang des Jahres. „Uns ist wichtig, dass alle aktiv in den Veränderungsprozess eingebunden sind und verstehen, dass nur durch die gemeinsame Anstrengung dieser große Schritt in eine erfolgreiche Zukunft gelingen kann“, ergänzt Bettina Lammers.
Authentisch und auf Augenhöhe
Die Wirksamkeit einer funktionierenden Zusammenarbeit kennt das erfolgreiche Duo nur zu gut. Denn Claudia Graf und Bettina Lammers arbeiten bereits seit vielen Jahren eng zusammen. Anfangs als Intensivkrankenschwestern im Hagener Marienhospital, wo sie sich für gemeinsame Schichten entschieden und schnell erkannten, als Team gleichermaßen funktional wie mit demselben hohen Anspruch zu arbeiten.
Beide betonen, wie sehr sie heute noch von ihrer aktiven Zeit in der Pflege profitieren. „Durch unsere eigenen unmittelbaren Erfahrungen und Kenntnisse ist heute die Gesprächsebene mit der Pflege und der Ärzteschaft in jedem Fall authentischer“, sagt Bettina Lammers. „Wir sind der Pflege ganz nah, weil wir selbst als Krankenschwestern gearbeitet haben. Und wir stehen den Ärzten auf Augenhöhe gegenüber, da wir die Materie von medizinischer und klinischer Seite genau kennen, über die Krankheitsbilder Bescheid wissen und medizinische Maßnahmen und Leistungen einschätzen können – also alles andere als nur betriebswirtschaftliche Zahlenmenschen sind.“
Folgenreicher Karrierewechsel
Der Wechsel in die Verwaltungsebene und ins Medizincontrol-ling war bei Bettina Lammers zunächst familiär bedingt. Aufgrund des Schichtsystems in der Pflege empfand sie sich nur noch als „Umgangsmama“ für ihren damals kleinen Sohn. Das wollte sie ändern. Und Claudia Graf, die während ihrer Elternzeit ein Betriebswirtschaftsstudium absolviert hatte, schloss sich ihr an. Mit weiteren Zusatzqualifikationen im Bereich Controlling, strukturelles Fallmanagement, Codierung und Leistungsabrechnung erwarben sie die wichtigen Grundlagen für ein erfolgreiches Krankenhausmanagement.
Diese weitgreifenden Kompetenzen, ihr gutes Gespür für die wirtschaftlichen Aspekte eines Krankenhausbetriebs und nicht zuletzt ihre schier unerschöpfliche Energie setzten sie unter anderem erfolgreich bei den Hagener Krankenhäusern KKiMK (Katholische Kliniken im Märkischen Kreis) ein. Deren operative Steuerung hatten sie zwei Jahre inne, bevor sie durch den Generalrat vom Kloster Untermarchtal mit der Restrukturierung des Marienhospitals beauftragt wurden.
Restrukturierung statt Sanierung
„Das, was uns ausmacht, ist: Wir können sehr gut medizinische Themen in Geld umsetzen. Wir sehen sofort, was ein Prozess innerhalb des Hauses kostet, wie er organisiert ist, warum er funktioniert oder nicht“, erklärt Claudia Graf. Nur so könne auch mit Blick auf die anstehende Krankenhausreform die finanzielle Stabilität des Marienhospitals gestärkt und eine optimale Ressourcennutzung ermöglicht werden.
„Im Marienhospital Stuttgart restrukturieren wir, damit wir eben nicht in eine Sanierung kommen“, betont Bettina Lammers. Denn eine Sanierung sei stark negativ behaftet und käme für viele einer Entmündigung gleich. „Wir haben das Heft selbst in der Hand und gestalten den Umbau im Sinne unserer Mitarbeitenden und einer weiterhin exzellenten Patientenversorgung“, sagt Lammers. Und Graf ergänzt: „Zu unseren Maßnahmen gehört auch, das wir derzeit jeden Bereich und jede Abteilung sehr gründlich überprüfen. So stellen wir sicher, dass sie effizient und wirtschaftlich arbeiten. Dabei müssen wir die Restrukurierung mit all ihren Konsequenzen durchführen und den Weg bis zum Schluss gehen.“
Gemeinsam Kurs halten
Doch wichtig ist den Geschäftsführerinnen, die Mitarbeitenden auf allen Ebenen und in allen Bereichen von Anfang an daran zu beteiligen, sie aufzufordern, kreativ und konstruktiv teilzuhaben. „Wir setzen sehr auf Teamwork, nicht nur auf der Leitungsebene, sondern in allen Abteilungen und Bereichen. Uns ist der direkte und offene Austausch wichtig. Nur so kann unserer Meinung nach eine fruchtbare Zusammenarbeit stattfinden“, betont Claudia Graf. Und Bettina Lammers fügt hinzu: „Wir wollen ein verstärktes Miteinander, denn schließlich arbeiten wir ja alle auf das gleiche Ziel hin: ein für die Zukunft gut aufgestelltes Marienhospital.“