Es ist weit nach Mitternacht. Die sechs Messplätze – sechs mit Videokameras ausgestattete Einzelzimmer – im Schlaflabor des Marienhospitals Stuttgart sind belegt. Alle Patienten schlafen – mehr oder weniger ruhig, mehr oder weniger gleichmäßig atmend. Vor einer Wand voller Monitoren sitzt Stefanie Reinhardt, MTA-F am Schwerpunkt Schlaf- und Beatmungsmedizin. Sie überprüft, ob die von ihr zuvor an Kopf und Körper der Patienten angebrachten Elektroden das sogenannte Schlaf-EEG (EEG = Elektroenzephalogramm) einwandfrei aufzeichnen und es den Schlafenden an nichts fehlt.
Dem Schlaf auf der Spur
Zu der ausführlichen Untersuchung im Schlaflabor, die auch als Polysomnografie (PSG) bezeichnet wird, kommen Patienten mit Schlafstörungen und Störungen des Schlaf-Wach-Rhythmus. Die Ursachen sind vielfältig, etwa wenn sich die oberen Atemwege nachts beim Schlafen wiederholt verschließen oder der Atemantrieb unbewusst ausfällt (Schlafapnoe). Das Resultat: Die Betroffenen fühlen sich chronisch erschöpft, sind leicht reizbar, leiden unter Konzentrations- und Gedächtnisproblemen und häufig auch unter einem geschwächten Immunsystem. Bei langfristig anhaltender Schlafstörung steigt sogar das Risiko für ernsthafte Erkrankungen wie Bluthochdruck, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes und Depressionen.
Die Ursachen einer Schlafstörung sind vielfältig, und ihre Diagnose erfordert oft eine umfassende, interdisziplinäre Herangehensweise. Für die Entwicklung einer passenden Therapie arbeiten – auch auf Grundlage der im Schlaflabor erhobenen Daten – Fachärzte aus unterschiedlichen Bereichen eng zusammen. Dazu gehören Schlafmediziner, Neurologen, Lungenfachärzte, Internisten, HNO-Ärzte und Mund-Kiefer-Gesichtschirurgen.
Präzision und Feingefühl
Die präzise Erfassung und Auswertung dieser Daten liegt in der Verantwortung der MTAs. Sie beweisen dabei große Kompetenz im Umgang mit komplexen Geräten, benötigen aber auch viel menschliches Feingefühl. „Es braucht ein großes technisches Verständnis und zugleich viel Einfühlungsvermögen, denn wir betreuen Patienten in einer sehr intimen Stiuation – ihrem Schlaf“, betont Cornelia Jung, leitende MTA des Schlaflabors. Bei ihrer Arbeit ist daher der Umgang mit den hochmodernen Geräten ebenso essenziell wie die Fähigkeit, den Patienten Vertrauen und Sicherheit zu vermitteln. „Denn nur so lassen sich aussagekräftige Ergebnisse gewinnen, die den Hilfesuchenden auf dem Weg zu einem erholsamen und gesunden Schlaf helfen können“, ergänzt Stefanie Reinhardt.
Diagnostische und therapeutische Nacht
In der Regel verbringen die Patienten zwei Nächte im Schlaflabor. In der ersten Nacht werden nach einem ausführlichen Vorgespräch umfassende Messungen zur Analyse des Schlafverhaltens vorgenommen. Mithilfe von Schlaf-EEG und Elektrookulogramm (EOG) lassen sich unter anderem Atmung, Gehirnaktivität, Herzfrequenz, Sauerstoffsättigung des Bluts, Augenbewegung und Muskelaktivität aufzeichnen. Die Werte geben Auskunft über die Schlafqualität und die verschiedenen Schlafphasen. Pro Patient werten die MTAs bis zu 800 Seiten Datenmaterial aus und bereiten die Analyse für die Schlafmediziner vor, die daraufhin eine genaue Diagnose stellen.
Ergibt der Befund etwa eine behandlungsbedürftige Schlafapnoe, erfolgt in der zweiten Nacht im Rahmen der PAP-Therapie (= positive airway pressure) oder „Überdrucktherapie“ die Anpassung einer Schlafmaske. Die Geräte nutzen dabei normale Raumluft, um eine Luftschiene im Rachen zu erzeugen. Dadurch bleiben die oberen Atemwege offen, und es kann meist eine komplette Normalisierung der Atmung im Schlaf erreicht werden.
Schlaf gut, alles gut
Viele Patienten sind zunächst skeptisch und sehen der Prozedur des überwachten Schlafs oder der Anpassung einer Schlafmaske mit gemischten Gefühlen entgegen. Doch verlassen die meisten das Schlaflabor spürbar erleichtert. Sobald die Ursache ihrer Schlafprobleme erkannt ist, kann eine gezielte Therapie eingeleitet werden. Dies verbessert nicht nur ihre Lebensqualität erheblich, sondern kann in manchen Fällen sogar lebensrettend sein. Dafür setzen Cornelia Jung und Stefanie Reinhardt zusammen mit ihren Kolleginnen und Kollegen Nacht für Nacht und Tag für Tag ihr technisches Know-how und ihre Empathie ein – mit höchster Präzision und Hingabe.
WISSENSWERTES zur Ausbildung MT-F
Ein Beruf im Dienst des Schlafs klingt interessant für Sie? Zum 1.9.2025 startet im Marienhospital Stuttgart die Ausbildung zur Medizinischen Technologin bzw. zum Medizinischen Technologen für Funktionsdiagnostik, kurz MT-F (früher MTA-F). Alle wichtigen Informationen hierzu erhalten Sie über unsere Rubrik „Karriere/Gesundheitsfachberufe“. Oder Sie schreiben uns eine E-Mail an: ausbildung@vinzenz.de