Immer wieder liest man, Ketoazidose sei eine schwerwiegende Komplikation bei Diabetes mellitus. Was hat es damit auf sich?
Bei Menschen mit Diabetes mellitus führen Ketone im Blut zu einer lebensbedrohlichen Stoffwechselentgleisung, weil es aufgrund eines schweren Insulinmangels zur Erhöhung des Blutzuckers sowie zur Übersäuerung des Blutes kommt.
Das hört sich sehr kompliziert an. Wie muss ich mir das vorstellen?
Eine Ketoazidose entsteht in erster Linie durch einen ausgeprägten Insulinmangel, also meist bei Typ-1-Diabetes und seltener bei Typ-2-Diabetes. Der Insulinmangel führt dazu, dass die Glukose aus der Blutbahn nicht in die Zellen gelangt. Ohne Insulin verhungern jedoch die Körperzellen von innen. Zusätzlich schickt die Leber mehr Glukose in die Blutbahn, um den Energiemangel in den Zellen zu beseitigen. Damit der Körper an seine benötigte Energie kommt, schaltet er alternative Stoffwechselwege wie den überschießenden Fettabbau an. Hierbei entstehen Ketonkörper, welche zur Übersäuerung des Bluts führen. Dies wird als Keto(n)azidose bezeichnet, eine ernste gesundheitliche Bedrohung für die Betroffenen.
Wie schnell kann es zu dieser Übersäuerung kommen?
Eine Ketoazidose kann bei einem akuten Insulinmangel, also wenn beispielsweise kein oder deutlich zu wenig Insulin gespritzt wurde, innerhalb nur weniger Stunden entstehen. Deshalb sollten Insulinpumpenträger bei hohen Zuckerwerten über 250 mg/dl sehr sensibel sein, da sich ihr Insulindepot außerhalb des Körpers befindet.
Gibt es neben den hohen Blutzuckerwerten weitere Symptome, auf die Risikopatienten achten sollten?
Typische Symptome sind Übelkeit, Erbrechen, Bauchschmerzen, Muskelschwere, starkes Durstgefühl, Acetongeruch des Atems, vertiefte Atmung oder Hyperventilation, Müdigkeit und Benommenheit, Bewusstlosigkeit, Ketonkörper im Urin oder im Blut.
Besteht in solch einem Fall akute Lebensgefahr?
Leider ja. Ohne Gegenmaßnahmen und eine geeignete Therapie führt eine Ketoazidose zu einem diabetischen Koma und ist lebensgefährlich. Es drohen Austrocknung und Kreislaufversagen. Deshalb brauchen Patienten mit einer diabetischen Ketoazidose zur Behandlung vor allem rasch Flüssigkeit und Insulin.
Was kann ein Betroffener im Ernstfall selbst tun?
Der Patient kann mit speziellen Messstäbchen seine Ketone im Blut oder Urin messen. Bei uns werden Patienten im Selbstmanagement mittels Ketoazidoseschema geschult. Liegt ein positiver Ketontest vor ohne zusätzliche Übersäuerung des Blutes, kann nach einem individuellen Insulinschema gespritzt werden, um die Insulindosis zu erhöhen. Wichtig dabei ist, dass folgende Regeln befolgt werden: viel Wasser trinken, Anstrengung und körperliche Aktivität vermeiden, nicht allein bleiben, nicht einschlafen. Der Blutzucker- und der ß-Keton-Wert müssen weiter regelmäßig gemessen werden. Wenn Blutzucker und ß-Keton nach zwei Stunden noch erhöht sind, erfolgt dringend eine erneute Insulingabe.
Bei Übelkeit, Erbrechen und/oder einer Verschlechterung des Allgemeinzustands muss der Patient in die Klinik. Auch dort werden Ketone im Blut und/oder im Urin gemessen. Außerdem wird der pH-Wert des Bluts bestimmt und behandelt.
Wie sieht die Behandlung bei einer Ketoazidose aus?
Ist es bereits zu einer Ketoazidose gekommen, müssen die Betroffenen in der Regel auf einer Intensivstation überwacht werden. Sie bekommen neben einem Säure-Basen-Ausgleich intravenös Flüssigkeit und Insulin verabreicht, bis der Stoffwechsel sich wieder normalisiert hat.
Was ist der beste Weg, um einer Ketoazidose vorzubeugen?
Der Blutzuckerwert gibt deutlich Auskunft darüber, ob Probleme drohen. Daher ist es sinnvoll, in bestimmten Situationen häufiger den Blutzucker zu messen und gegebenenfalls die Insulindosis anzupassen. Besondere Aufmerksamkeit ist geboten, wenn
- zu viele Kohlenhydrate verzehrt wurden
- geringe körperliche Beanspruchung vorliegt
- zu wenig Insulin gespritzt oder Insulin vergessen bzw. reduziert wurde
- die Einnahme von Diabetes-Tabletten vergessen wurde
- man akuten Stresssituationen ausgesetzt ist
- akute Erkrankungen wie Magen-Darm-Infekte, Grippe oder Fieber auftreten
- bestimmte Medikamente (etwa Kortison) eingenommen werden
- die Erstdiagnose Diabetes mellitus Typ 1 vorliegt
- eine neue Ein- oder Umstellung auf Insulin erfolgt
- die Bauchspeicheldrüse ganz oder auch teilentfernt wurde
- Bauchschmerzen, Übelkeit und Erbrechen eintreten
- eine Schwangerschaft vorliegt
- Ausdauersport getrieben wird
Nach einer Ketoazidose sollte der Betroffene unbedingt nach den Ursachen forschen und sich Rat bei seinem Diabetesteam holen, um erneute Stoffwechselentgleisungen zu vermeiden.
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