Bana Habtemichael arbeitet bei Mercedes Benz als Produktexperte für Neufahrzeuge. Er stellt potenziellen Käufern die technischen Features von Automobilen vor. „Vor Corona war es üblich, dass man den Kunden sowie Kolleginnen und Kollegen zur Begrüßung die Hand reicht“, sagt Bana Habtemichael. „Das war mir immer extrem unangenehm, weil besonders meine rechte Hand ständig stark schwitzte. Ich bin so froh, dass mir im Marienhospital geholfen wurde“, sagt der 30-Jährige.
Es begann vor etwa vier Jahren
Der gebürtige Stuttgarter leidet nicht schon Zeit seines Lebens an schwitzigen Händen. „Es begann vor etwa vier Jahren und wurde in den letzten zwei Jahren immer extremer“, sagt er. Salben, Sprays, spezielle Bäder und andere Verfahren hätten kaum geholfen. Ein Arzt habe ihm sogar Tabletten verschrieben. „Die haben aber auch nichts gebracht. Statt trockener Hände habe ich einen trockenen Mund bekommen“, sagt er. Die Ursache des Schwitzens blieb bei Bana Habtemichael unbekannt. Er hat weder Übergewicht noch Diabetes und auch kein Schilddrüsen- oder Tumorleiden, das starkes Schwitzen verursachen kann.
OP übertrieben?
Beim Googeln habe er erfahren, dass auch Thoraxchirurgen das Problem beseitigen können. „Ich war überrascht, dass die Chirurgen dafür nicht die Haut der Hände operieren, sondern man nach einem Eingriff im Brustkorb nicht mehr schwitzt. Ich bin dann zu Frau Dr. Zacheja ins Marienhospital gegangen, die ja unter anderem auf Thoraxchirurgie spezialisiert ist“, erinnert er sich. „Manche meiner Freunde fanden es übertrieben, dass ich mich wegen schwitziger Hände operieren lassen wollte. Aber ich habe beruflich und sozial wirklich sehr darunter gelitten. Und zu Dr. Zacheja hatte ich sofort Vertrauen. Sie erklärte mir ausführlich den kleinen Eingriff“, sagt der Patient.
Sympathikus unterbrochen
Dr. Steffi Zacheja und ihr Team operierten Bana Habtemichael am 22. Juli 2021. „Bei der OP musste ein Teil des Sympathikus unterbrochen werden“, so die Ärztin. Diese Nervenstruktur leitet nämlich Steuersignale vom Gehirn an die Schweißdrüsen. Der Sympathikusnerv liegt in der Wirbelsäule, im Rückenmark. Er ist der wichtigste Teil des autonomen, uns unbewussten Nervensystems, das etwa die Funktion von Herz und Darm sowie auch die Schweißproduktion steuert. Links und rechts der Wirbelsäule treten Ganglien aus. Das sind Nervenknoten, von denen wiederum einzelne Nerven in alle Körperregionen abzweigen. Jedes Ganglion steuert andere Funktionen des Körpers. „Wichtig ist es, das richtige Ganglion zu finden und zu durchtrennen. Wenn man versehentlich einen der benachbarten Nerven durchtrennt, resultiert daraus für den Patienten ein hängendes Augenlid statt trockener Hände“, so Dr. Zacheja.
Nur sehr kleine Narben
Der zu durchtrennende Nerv liegt im Brustraum, direkt unter dem Brustkorb. Durch drei kleine Einstiche an der seitlichen Brustwand werden die Instrumente in den Körper gebracht. Dies geschieht durch die Lücken zwischen den Rippen. Durch eine davon wird eine Videokamera mit einer Optik geschoben, deren Durchmesser nur fünf Millimeter beträgt. Die Optik überträgt die Bilder aus dem Körper auf einen großen Monitor. Nur mit dessen Hilfe navigierte Steffi Zacheja bei dem Eingriff durch den Brustraum.
Durch die beiden anderen kleinen Einschnitte zwischen den Rippen werden zwei Trokare geschoben. Das sind Röhren, durch welche die feinen Instrumente geführt werden. „Wir haben den Nerv durchtrennt und etwa 1,5 Zentimeter davon entfernt, damit er nicht mehr neu zusammenwachsen kann. Zudem haben wir an beiden Schnittstellen Titanclips angebracht. Sie verhindern Blutungen und ebenfalls ein Wiederzusammenwachsen“, so Steffi Zacheja. Wegen der sehr kleinen Schnitte bleiben kaum sichtbare Narben, und die Wundheilung geht sehr schnell. Die Operation dauerte eine gute Stunde und fand in Vollnarkose statt. Bereits zwei Tage nach der OP konnte der Patient die Klinik verlassen.
Sofortiger Erfolg
„Der Erfolg der Operation war sofort da“, sagt Bana Habtemichael. „Als ich aus der Narkose aufwachte, fühlte sich meine Hand erstmals seit vielen Jahren nicht mehr schwitzig an.“ Dr. Zacheja erläutert: „Bei Herrn Habtemichael haben wir nur die rechte Hand behandelt. Denn diese schwitzte stärker als die linke.“ Die rechte ist zudem die Begrüßungshand und ihr Schwitzen daher für Betroffene oft mit besonders großer Peinlichkeit verbunden. Wenn beide Hände vom lästigen Schwitzen befreit werden sollen, muss der Eingriff auf der linken Seite wiederholt werden. Falls neben den Händen auch beide Achseln stark schwitzen, wird ein weiterer Zweig des Sympathikus beidseitig durchtrennt. „Man kann das auf Wunsch des Patienten auch alles in einem einzigen Eingriff machen“, so die Ärztin.
Eine mögliche Nebenwirkung des Eingriffs ist kompensatorisches Schwitzen; statt der Hand schwitzt dann eine andere Körperstelle stärker. „Auch das trat bei mir nicht auf. Ich bin nur froh, dass ich mich für den Eingriff entschieden habe und danke Dr. Zacheja und ihrem Team von ganzem Herzen“, strahlt Bana Habtemichael.
OP'S GEGEN SCHWITZEN
Übermäßig stark schwitzen kann man von Kopfhaut bis Fuß, also fast am ganzen Körper. Wenn Deos, Medikamente und Co nicht helfen und bestimmte Erkrankungen als Ursache des Schwitzens ausgeschlossen wurden, ist die thorakoskopische Sympathektomie eine gute Behandlungsmethode. Dies ist das chirurgische Durchtrennen des Sympathikus-Nervs im Bereich des Brustkorbs. Das Verfahren wurde bei Bana Habtemichael angewendet. Damit lassen sich zwei Arten des übermäßigen Schwitzens behandeln: zum einen das an den Händen (palmare Hyperhydrose), zum anderen das unter den Achseln (axiliäre Hyperhydrose).
Der zu durchtrennende Sympathikus-Nerv liegt innerhalb des Brustkorbs, unmittelbar unter dem Rippenfell. Um Händeschwitzen zu beheben, wird vom Chirurgen der Nerv in einem ganz bestimmten Bereich durchtrennt. Auch Schwitzen unter den Achseln wird dadurch oft gemildert. Eine alleinige axiliäre Hyperhydrose chirurgisch zu behandeln, ist meist nicht so erfolgversprechend wie die OP gegen schwitzende Hände.