Als Cochlea-Implantat (CI)-versorgende Einrichtung werden im Marienhospital Stuttgart hochgradig Schwerhörige, denen herkömmliche Hörgeräte nur wenig oder gar keinen Nutzen mehr bringen, mit Innenohrprothesen versorgt und in speziellen CI-Sprechstunden lebenslang betreut. Bei unserer Telefonaktion beantwortete Dr. Jörg Mayer die Fragen der Anruferinnen und Anrufer.
„Seit meiner Kindheit bin ich auf dem linken Ohr komplett taub, auf dem rechten höre ich aber gut. Falls sich das rechte Ohr altersbedingt verschlechtert, ist mit 66 Jahren eine Implantatversorgung sinnvoll und noch möglich?“
Dr. Mayer: Prinzipiell spielt das Alter für eine Implantatversorgung keine Rolle. Grundvoraussetzung ist, dass vor allem der Hörnerv richtig angelegt ist. In Ihrem Fall muss daher zunächst abgeklärt werden, welche Ursache Ihre einseitige Taubheit hat. Liegt möglicherweise eine Fehlbildung vor? Sollte ein Cochlea-Implantat bei Ihnen nicht sinnvoll eingesetzt werden können, gibt es durchaus Alternativen, die wir nach entsprechenden Untersuchungen gerne ausführlich mit Ihnen besprechen.
„In den vergangenen 30 Jahren hatte ich mehrere Hörstürze und bin nun auf dem rechten Ohr hochgradig schwerhörig. Mit dem verordneten Hörgerät komme ich nicht zurecht. Welche Alternativen gibt es zu einem Cochlea-Implantat?“
Dr. Mayer: Bei einer hochgradigen Höreinschränkung stellt die CROS-Versorgung (Contralateral Routing of Signal) eine Alternative dar. Mit ihr wird das taube Ohr zwar nicht hörend, aber es handelt sich um ein System, das Signale auf der nichthörenden Seite aufnimmt und an das hörende Ohr überträgt. Diese Technik kommt ersatzweise infrage, falls ein Cochlea-Implantat nicht möglich ist. Es hilft Menschen trotz einseitiger Taubheit, wieder zuordnen zu können, wenn sie von der geschädigten Seite her angesprochen werden. Sie lenkt Klänge vom nichthörenden auf das hörende Ohr über Knochenschwingung oder ein Hörgerät.
„Ich höre auf einem Ohr sehr schlecht. Mit dieser Einschränkung komme ich bislang gut zurecht. Welche Nachteile könnte das einseitige Hören haben, und würden Sie mir dennoch zu einem Cochlea-Implantat oder einem Hörgerät raten?“
Dr. Mayer: Tatsächlich ist das Erleben einer solchen Einschränkung sehr individuell, weshalb es hier keinen pauschalen Rat geben kann. Allerdings ist bei einem einseitigen Hörverlust das räumliche Hören stark beeinträchtigt. Bei einigen Menschen kann dies anfangs kompensiert werden. Doch bei hinzukommender Altersschwerhörigkeit sind Probleme zu erwarten. Daher ist eine langfristige Planung empfehlenswert. Deshalb rate ich zu einer Versorgung des geschädigten Ohrs, um Folgen wie etwa schwere Stürze bestmöglich zu vermeiden.
„Was genau versteht man unter einem Cochlea-Implantat?“
Dr. Mayer: Das Cochlea-Implantat (CI) ist eine elektronische Hörprothese, welche die Funktion des Innenohrs ersetzen kann. Eingesetzt wird es bei hochgradiger Innenohrschwerhörigkeit oder Ertaubung. Etwa, wenn die Haarzellen in der Hörschnecke nach Erwerb der Sprache geschädigt sind, oder bei einer angeborenen Taubheit. Infrage kommt ein CI zudem bei Schwerhörigkeit, bei der mit einem Hörgerät kein ausreichendes Sprachverstehen möglich ist. Die Entscheidung für ein Cochlea-Implantat hängt von der individuellen Hörsituation, der Ursache, der Dauer der Gehörlosigkeit und anderen medizinischen Überlegungen ab. Unser Team aus Ärzten, Audiologen und Therapeuten bewertet den jeweiligen Fall und empfiehlt die beste Behandlungsoption für den Patienten.
„Werden die Kosten für die Versorgung mit einem Cochlea-Implantat von der gesetzlichen Krankenkasse übernommen, oder ist es eine Privatleistung?“
Dr. Mayer: Zunächst muss abgeklärt werden, ob eine Cochlea-Implantat-Versorgung medizinisch im individuellen Fall gerechtfertigt ist (Indikation). Wenn ja, werden die Kosten für die Operation, die individuellen Anpassungen, die Rehabilitation sowie die lebenslange Nachsorge von den gesetzlichen Krankenkassen vollständig übernommen. Eine Cochlea-Implantat-Versorgung einschließlich der Rehabilitation kostet etwa 40.000 Euro. Eine Indikation für ein Cochlea-Implantat ist dann gegeben, wenn eine Versorgung mit leistungsstarken Hörgeräten ein- oder beidseitig zu keinem ausreichenden Sprachverstehen mehr führt.
„Wie geht Cochlea-Implantat-Versorgung vonstatten? Mit welchem Zeitaufwand muss ich insgesamt rechnen, bis das Implantat vollständig zum Einsatz kommen kann?“
Dr. Mayer: Die Versorgung mit einem Cochlea-Implantat erfolgt in mehreren Schritten. Zunächst werden eine ganze Reihe von Untersuchungen gemacht, um sicherzugehen, dass das Implantat für Sie die individuell geeignete Versorgung darstellt. Dazu gehören sowohl bildgebende Untersuchungen des Schädels, Innenohrs und Hörnervs als auch differenzierte Hörtests, eine logopädische Mitbeurteilung und natürlich umfassende Beratungsgespräche. Die Operation selbst dauert circa zwei Stunden und findet unter Vollnarkose statt. In der Regel schließt sich ein zwei- bis dreitägiger stationärer Aufenthalt an.
Nach vier bis sechs Wochen werden Implantat und Prozessor erstmalig in Betrieb genommen, und Sie beginnen mit dem Cochlea-Implantat zu hören. Anfangs ist das meist noch gewöhnungsbedürftig. Die technischen Anpassungen erfolgen im Anschluss durch unsere Audiologen im Hörzentrum. Um bestmöglichen Nutzen aus der Cochlea-Versorgung zu ziehen, ist die Rehabilitation und eine lebenslange Nachsorge und Betreuung durch spezialisierte Hörakustiker wichtig. Der gesamte Prozess kann also mehrere Monate in Anspruch nehmen, abhängig von individuellen Faktoren und dem Heilungsverlauf nach der Operation.
KONTAKT
Hörzentrum der Klinik für HNO-Heilkunde, Kopf- und Halschirurgie am Marienhospital Stuttgart
Telefon: 0711 6489-2508
hoerzentrum@vinzenz.de
Zertifizierte Cochlea-Implantat-versorgende Einrichtung
Sprechstunde Cochlea-Implantat und implantierbare Hörgeräte: Montag und Donnerstag 8.00–16.00 Uhr
Telefon: 0711 6489-2508