Andreas Rieck und Lorenz Kiefner machen also auf den ersten Blick völlig unterschiedliche Dinge. Sie finden aber, dass ihre Arbeit durchaus Parallelen aufweist.
Mehr Schnittmengen als gedacht
marien: Herr Rieck, wir treffen uns heute, weil Sie mir erzählt hatten, dass Sie und Herr Kiefner vieles gemeinsam haben, was Ihre Arbeit angeht. Wie haben Sie das denn festgestellt?
Andreas Rieck: Lorenz Kiefner ist im Januar 2021 mit seinem Büro neben meins gezogen. Da sind wir ins Gespräch gekommen und haben bemerkt, dass unsere Arbeit erstaunlich viele Schnittmengen aufweist.
marien: Welche Schnittmengen sind das?
Lorenz Kiefner: Meine Aufgabe ist es quasi, dem Unternehmen innere Sicherheit zu geben. Nämlich indem ich dazu beitrage, dass die digitalen und analogen Informations- und Datenflüsse reibungslos funktionieren und nicht durch Hackerangriffe, Brände oder andere Vorkommnisse geschädigt werden. Im schlimmsten Fall wäre unser Haus nicht mehr arbeitsfähig, wenn beispielsweise auf Untersuchungsdaten nicht mehr zugegriffen werden kann. Mir geht es also um die innere Sicherheit und Ruhe des Gesamtunternehmen. Andreas Rieck geht es um die der einzelnen Mitarbeiterin und des einzelnen Mitarbeiters.
Der Mensch ist entscheidend
Andreas Rieck: Das stimmt. Ich versuche, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter etwa durch Resilienzkurse innerlich so stark zu machen, dass sie mit Stress, Angst, Überforderung oder anderen Belastungen besser umzugehen lernen.
marien: Aber Ihre Methoden unterscheiden sich ja sicherlich schon sehr?
Lorenz Kiefner: Ja, aber auch das nur teilweise. Um bei dem Beispiel eines Brandes oder Wasserschadens zu bleiben, der unsere Server gefährdet: Da ist es wichtig, Redundanz zu haben, damit der Schaden für unser Haus möglich gering bleibt. Ich schaue also, ob und wie die Daten etwa auf einem zweiten Server gesichert werden. Und ob man von diesem im Störungsfall möglichst schnell die verlorenen Daten wiederherstellen kann.
Doch auch bei meiner Arbeit geht es mindestens so stark um den Menschen wie um die Technik. Es gilt, allen Mitarbeitenden klarzumachen, wie ihr eigenes Verhalten die Informationssicherheit tagtäglich positiv oder negativ beeinflusst. Nur wenn dies gelingt, kann wirkliche Sicherheit und Gelassenheit für das Unternehmen entstehen. Dazu gehören auch so simple Dinge wie dass Anhänge verdächtig erscheinender E-Mails besser nicht geöffnet werden sollten. Denn damit könnte man sich Schadsoftware ins Haus holen.
Andreas Rieck: Wie bei der Arbeit von Lorenz Kiefner ist auch bei der meinigen der Lernprozess nie abgeschlossen. Man geht ja nicht zu einem Resilienzkurs, und danach kann einen nie mehr ein Kollege, Chef oder Patient verletzen, ängstigen oder stressen. Man muss da ständig an sich arbeiten. Es hilft nicht viel, einmal im Leben zu meditieren, um gelassener zu werden. Vielmehr sollte dies im Idealfall täglich oder zumindest mehrmals pro Woche getan werden.
marien: Der Software-Chef von Apple Craig Federighi hat neulich auch einen Zusammenhang zwischen Datensicherheit und innerer Ruhe hergestellt. Er sagte: „Datenschutz steht für innere Ruhe. Er bedeutet Sicherheit, und er bedeutet, dass man die Kontrolle über die eigenen Daten hat.“
Lorenz Kiefner: Für den Datenschutz ist im Marienhospital ein anderer Kollege zuständig. Aber ich denke, das Zitat macht auch Sinn, wenn man das Wort Datenschutz durch den Begriff Informationssicherheit ersetzt.
marien: Herr Kiefner, in Coronazeiten sind Schulungen für Mitarbeiter ja schwierig. Sie haben sich aber für auch in Coronazeiten mögliche Awareness-Wochen entschieden. Was ist Awareness eigentlich?
„Erinnerungspillen“ verteilt
Lorenz Kiefner: Awareness bedeutet Bewusstsein. Das ist auch wieder eine Parallele zwischen der Arbeit von Andreas Rieck und meiner. Man muss für beides bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Bewusstsein schaffen, wenn man etwas bewirken will.
marien: Sie haben das mehrere Woche lang auf ganz spezielle Art gemacht.
Lorenz Kiefner: Passend zum Krankenhaus haben ich und weitere Helfer Tablettenschachteln verteilt. Diese waren beschriftet mit SecuMAX direkt – Mittel zur Abwehr von Cyberangriffen und Datenklau. Darin war neben Pfefferminzbonbons auch ein Beipackzettel mit praktischen Tipps für mehr Informationssicherheit. Und ein Link auf die Internetseite www.secumax-direkt.de, wo noch mehr zum Thema zu erfahren ist.
marien: Herr Rieck, auch Sie können momentan wegen der Corona-Pandemie nur Awareness-Methoden einsetzen, die auf Abstand funktionieren.
Andreas Rieck: Über das Intranet gebe ich jeden Monat einen Resilienzimpuls für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter heraus. Das ist jeweils eine A4-Seite, die man relativ schnell mal durchlesen kann. Einige der Impulse weisen auch einen Bezug zum heiligen Vinzenz auf. Er ist der Gründer der Ordensgemeinschaft, die Trägerin unseres Hauses ist. Der Impuls von Januar stellte etwa die Frage: Was würde Vinzenz in schwierigen Situationen tun?
marien: Eine Aussage lässt sich bei Ihnen, Herr Rieck, immer wieder finden: Verändere, was Du verändern kannst und lass los, was Du nicht zu ändern vermagst.
Andreas Rieck: Ja, denn sich permanent über etwas zu ärgern, das ich eh nicht ändern kann, zermürbt nur, ohne dass es mich weiterbringt oder glücklicher macht.
Lorenz Kiefner: Zu tun, auf was man selbst Einfluss hat, ist auch mein Appell an die Mitarbeitenden. So wie ein noch so guter Arbeitgeber mir keinen konflikt- und stressfreien Arbeitsplatz garantieren kann, kann auch eine IT-Abteilung ohne Mithilfe der Mitarbeitenden nicht Informations- und Datensicherheit garantieren.
Andreas Rieck: Es gibt aber auch Unterschiede in unserem Tun. Für optimale Informationssicherheit wird immer wieder durchgespielt, was im schlimmsten Fall alles passieren kann. Für die Psyche ist ein gewisses Vertrauen in die Zukunft günstiger.
SICHERHEITS- UND BÜCHERTIPPS
Die im Interview erwähnte Homepage von Lorenz Kiefner enthält Sicherheitstipps auch für die private Datennutzung. Im Handel gibt es außerdem zwei Bücher von Andreas Rieck: „Nimm's leicht; in 3 Schritten zu mehr Gelassenheit“ und „Belastungen in sozialen Berufen meistern“. Wer seinen Podcast „Atme auf“ zum Thema Achtsamkeit gratis abonnieren möchte, kann eine E-Mail schreiben (andreas.rieck@vinzenz.de). Weitere Infos erhalten Sie auf der Website des Theologen.